Durchführung im Betrieb

Der Workshop "Agile Rollen und Aufgaben" ist eine von drei Workshop-Varianten im Modul 2 "Check-up für die agile Praxis".

Zielsetzung des Moduls 2 ist, die konkrete Praxis des agilen Arbeitens in einem Betrieb/Team auf die gesundheitsgerechte Gestaltung hin abzuklopfen. Die Workshops können demzufolge nur dort angewendet werden, wo bereits fundierte Erfahrungen mit agilen Arbeitsformen gesammelt wurden.

In den Workshops des Moduls 2 wird eine Meta-Perspektive eingenommen: Das Grundprinzip agilen Arbeitens, „inspect & adapt“, wird auf die Arbeitsweise des agil arbeitenden Betriebs/Teams bezogen. Die Gesundheitsförderlichkeit der Praktiken und Routinen des Betriebs/Teams und auch der organisationalen Strukturen und Prozesse sollen reflektiert werden. Aus der Reflexion werden Schritte zur Weiterentwicklung abgeleitet. Die Workshop-Varianten des Moduls 2 variieren in ihren Fragestellungen und Zielgruppen.

Im Workshop "Agile Rollen und Aufgaben" wird der Frage nachgegangen, wie gut die agile Praxis ihren Ausdruck in Rollenkonzepten findet.

Im Workshop wird das agile Arbeiten aus der Sicht der agilen Rollen (zum Beispiel Scrum Master / Agile Master / Agile Coach, Product Owner) in den Blick genommen. Auf Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses der Rollenbilder werden Ansätze guter Praxis ebenso wie Verbesserungspotentiale in den Blick genommen. Ansätze zur Rollenschärfung werden erarbeitet und auf Umsetzbarkeit überprüft.

Der Workshop ist insbesondere für solche Organisationen geeignet, die über viel Erfahrung mit agilem Arbeiten verfügen. Es sollten genügend Personen vorhanden sein, die agile Rollen übernehmen und bereit sind, die Erfahrungen mit ihrer Rolle in einem Workshop zu reflektieren.

Am Workshop nehmen diejenigen agilen Rollenträger (zum Beispiel Product Owner, Scrum Master, Agile Coach …) teil, die über fundierte Erfahrungen in ihrer Rolle verfügen und bereit sind, diese zur Verfügung zu stellen.

Der Workshop ist als sechsstündige Veranstaltung geplant und kann an zwei aufeinanderfolgenden halben Tage durchgeführt werden. Im Folgenden wird die Durchführung an zwei halben Tagen dargestellt. Eine Durchführung in Präsenz ist ebenso möglich wie ein Online-Format.

Benötigtes Material: Je nach Ausgangslage dienen Metaplanwände (für einen Präsenz-Workshop) oder Whiteboard- und Abstimmungs- Funktionalitäten aus Kollaborationstools (für einen Online- Workshop) der Visualisierung.

Ablauf des Workshops "Agile Rollen und Aufgaben"

(für Details bitte den jeweiligen Punkt anklicken)

0. Einstieg

   Nach einer Begrüßung mit anschließender Vorstellungsrunde geht die Moderation auf den Hintergrund und die Zielsetzung des Workshops aus fachlicher Sicht ein. Die Teilnehmenden bekommen die Gelegenheit, Fragen zu stellen.

   Im Anschluss wird der Ablauf des Workshops vorgestellt. Bei Online-Durchführung werden die eingesetzte Technik und die zu verwendenden Tools kurz vorgestellt. Auf Vertraulichkeit der im Workshop besprochenen Inhalte wird hingewiesen.

1. Einführung: Agiles Arbeiten mit Gesundheits-Benefit?

   Im Anschluss hält die Moderation einen Impulsvortrag: Was verstehen wir unter „agil“? Und was hat das mit „gesund“ zu tun? Damit soll ein gemeinsames Verständnis agilen Arbeitens hergestellt und die Verbindung zu gesundheitsförderlichen Potentialen agilen Arbeitens gezogen werden. Der Kurzvortrag umfasst folgende Aspekte:

   • Grundprinzip: „Inspect and Adapt“
   • Mythen- und Fakten-Check rund um „Agilität“
   • Worauf kommt es bei der gesundheitsgerechten Gestaltung agilen Arbeitens an?

   Folien und Erläuterungen dazu finden sich unter Moderationsplan und Präsentationsfolien.

2. Standortbestimmung „Agile Rollen bei uns im Betrieb“: Standards, Gemeinsamkeiten und Unterschiede, gute Praxis

   In diesem Teil des Workshops geht es darum, die Einschätzungen der Teilnehmenden zum Umsetzungsstand agilen Arbeitens zu erfragen. Wo werden Gemeinsamkeiten in der Einschätzung sichtbar, wo gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen?

   Hierzu werden drei Karten-Abfragen durchgeführt (alternativ auch online mit einem Abstimmungstool), die im Anschluss an die jeweilige Abfrage kurz diskutiert werden:

   1. Für mich persönlich: Was macht das agile Arbeiten in unserem Betrieb aus?

      Die Teilnehmenden sind eingeladen, hier nur ein Stichwort zu nennen. Für die Auswertung bieten sich hier die Nutzung eines Online-Tools und eine Darstellung als Wortwolke an. Bei einer Durchführung des Workshops in Präsenz ist die Abfrage per Moderationskarten oder auf Zuruf sinnvoll.

      

      Die Antworten geben erste Hinweise darauf, was am agilen Arbeiten besonders geschätzt wird, und wo Ressourcen mögliche Verbesserungspotentiale aus Sicht der agilen Rollenträger gesehen werden.

   2. Wo sehen Sie den größten Schmerzpunkt / die größte Unstimmigkeit beim agilen Arbeiten?

      Hier schätzen die Teilnehmenden ein, wo aus ihrer Sicht besondere Belastungsfaktoren auftreten. Unzufriedenheiten mit dem agilen Arbeiten kommen hier zu Tage. Häufig werden hier auch globale Themen formuliert, die in der anschließenden Diskussion auf ihre Relevanz für die konkrete Arbeit als agile Rollenträger geprüft werden können.

      

      Diese Abfrage kann als klassische Kartenabfrage formuliert werden (Antwortformat für Online- Durchführung: zum Beispiel Freitextantwort). Die Anzahl der Antworten pro Person ist nicht begrenzt.

   3. Was sollten wir im Workshop in den Blick nehmen?

      Zur thematischen Fokussierung des Workshops wird die Frage nach Themen, Fragen oder Schwerpunkten gestellt, die aus Sicht der Teilnehmenden im folgenden Verlauf behandelt werden sollen. Hier bietet sich wieder an, nach einem Stichwort zu fragen, um eine Wortwolke zu erstellen.

      
3. Bewertung der agilen Praxis: Was läuft gut? Was belastet?

   Nun bewerten die Teilnehmenden ihr agiles Arbeiten mit Hilfe der Check-Bausteine agiler Praxis. Die Moderation stellt die drei Gestaltungsfelder der Check- Bausteine agiler Praxis kurz vor.

   

   Die Abfrage mit den Check-Bausteinen agiler Praxis orientiert sich am Format eines Fragebogens: Die Teilnehmenden bewerten mittels einer fünfstufigen Antwortskala Aussagen, die eine gesundheitsgerechte Gestaltung agilen Arbeitens beschreiben. Auch hier kann auf ein Online-Abstimmungstool zurückgegriffen werden. Der Vorteil hierbei ist, dass die Auswertung automatisiert erfolgt. Bei Verwendung eines ausgedruckten Fragebogens müssten zunächst die Mittelwerte der Antworten je Frage berechnet werden. Das kann in einer Pause geschehen, nachdem die Teilnehmenden den Fragebogen bearbeitet haben.

   Nach Bearbeitung der Fragebögen werden die Ergebnisse Gestaltungsfeld für Gestaltungsfeld vorgestellt. Erste Vermutungen, vor welchen Hintergründen dieses oder jenes Ergebnis entstanden ist, werden in der Gruppe diskutiert. Die Präzisierung der Ergebnisse und die weitere Arbeit damit finden jedoch erst im nächsten Workshop-Teil statt.

   

   Bei Durchführung des Workshops an zwei halben Tagen wird Feedback zum ersten Workshopteil mittels Zuruf und Visualisierung auf Flipchart / Whiteboard abgefragt. Dazu wird auf das Prinzip „inspect & adapt“ verwiesen: "Was war gut, und was soll im nächsten Workshop-Teil anders laufen?" Im Anschluss sieht die Moderation das Workshopkonzept mit Blick auf die benannten Punkte durch und passt es gegebenenfalls an.

4. Schärfung der agilen Rollen: Ansatzpunkte sammeln und priorisieren

   Die Ergebnisse der Fragebogen-Auswertung werden aufgegriffen und die Frage nach der Priorisierung gestellt.

   Für diesen Workshop-Teil wird mit einem Online-Whiteboard- Tool beziehungsweise einer Metaplan-Wand gearbeitet. Für die Online-Durchführung sollte sich zu Beginn dieses Teils genügend Zeit genommen werden, damit sich die Teilnehmenden mit den Funktionalitäten des Whiteboards vertraut machen können. Hierfür kann ein Teil des Whiteboards als Experimentierfeld dienen.

   Im Anschluss an den vorherigen Workshop-Teil erarbeiten die Teilnehmenden die Ursachen und Lösungsräume zu den Situationen, an die sie bei der Bewertung der Check- Bausteine agiler Praxis gedacht hatten. Die Aufgabe lautet, Ressourcen (grüne Karten), Belastungsfaktoren (rote Karten) und zusätzliche Hintergrundinformationen (graue Karten) auf das Whiteboard anzupinnen, die für das Verständnis der Check-Bausteine-Bewertung hilfreich sind. Bei ausreichender Zahl der Teilnehmenden kann jedes der drei Gestaltungsfelder von einer eigenen Kleingruppe parallel bearbeitet werden. Anderenfalls führt die Moderation durch jeden Aspekt der drei Gestaltungsfelder und erfragt Belastungsfaktoren, Ressourcen und Verbesserungsansätze.

   

   Wurde eine Aufteilung in Kleingruppen vorgenommen, werden die Ergebnisse durch VertreterInnen der Gruppen im Plenum vorgestellt. Die Teilnehmenden hören zu und stellen gegebenenfalls Verständnisfragen. Die Moderation kann hier bereits beginnen, die vorgestellten Belastungsfaktoren und Ressourcen zusammengehöriger Themen zu clustern und Überschriften zu vergeben.

   1.1 Priorisierung der Handlungsfelder.
   Spätestens hier ist wichtig, übergeordnete Themenfelder zu den jeweiligen Arbeitsergebnissen zu bilden. Mittels einer Mehrpunktabfrage (3 Punkte je Teilnehmender/m) werden die drei wichtigsten Aspekte der Arbeitsbedingungen (Ressourcen / Belastungsfaktoren) herausgearbeitet und gemeinsam mit der Gruppe Überschriften für die priorisierten Themen formuliert.

   1.2 Ausarbeitung der Lösungsräume.
   Die priorisierten Themen werden von Kleingruppen bearbeitet: Je nach Gruppengröße werden 2 bis 3 Themen ausgewählt. Ziel der Kleingruppenarbeit ist es, Lösungsräume zu den benannten Aspekten zu eröffnen. Dazu sollen folgende Fragen beantwortet werden:

   • Worum geht es? (Herausforderung, Leidensdruck, Chance…)
   • Was soll erreicht werden? Was ist das Ziel?
   • Welche Schritte, welches Vorgehen, welche Maßnahmen schlagen wir vor?

   Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispielergebnis.

   
5. Konkrete Maßnahmen und Vereinbarungen: Das wollen wir anpacken…(Gesundheits-Backlog)

   Nach einer Pause werden die Ergebnisse der Kleingruppen im Plenum kurz vorgestellt. Der Fokus der Vorstellung sollte auf den Vorschlägen für die weiteren Schritte und Maßnahmen liegen. Gegebenenfalls begründete Einwände zu den Vorschlägen werden diskutiert. Ansonsten gilt ein Vorschlag als angenommen.

   Nun geht es darum, die Vorschläge in ein „Gesundheits-Backlog“ zu übertragen(„Zielsetzung / Thema“, „Was ist zu tun?“, „Wer macht es?“, „Bis wann?", „Zu klären").

   
6. Abschluss und Feedback

   Die Moderation fasst die Workshop-Ergebnisse zusammen. Dabei wird Gelegenheit gegeben, weitere Nachfragen zu klären.

   Die Teilnehmenden werden eingeladen, zum Abschluss Feedback über den gesamten Workshop zu geben: Was lief gut? Was ist verbesserungswürdig? Das Feedback wird von der Moderation auf Karten festgehalten.

   Im Anschluss wird das weitere Vorgehen besprochen. Bewährt hat sich ein Follow-up-Termin nach 4-6 Wochen, um den Umsetzungsstand zu reflektieren und ggf. nachzusteuern.

Wie läuft das agile Arbeiten bei uns?

Zentrales Element der Workshops im Modul 2 sind die Check- Bausteine agiler Praxis. Es handelt sich um eine Checkliste, die Belastungsfaktoren und mögliche Gesundheitshebel identifiziert.

Die Check-Bausteine agiler Praxis umfassen drei Gestaltungsfelder Transparenz und Selbstorganisation, Arbeitspensum und Kapazitäten und Mindset und Leitplanken und ermöglichen damit eine strukturierte Bewertung agilen Arbeitens. Zu jedem Gestaltungsfeld gehören drei bis vier Themen mit zugehörigen Aussagen, die eine gesundheitsgerechte Umsetzung agilen Arbeitens beschreiben. (Sie lassen sich auf die Kernmerkmale des agilen Arbeitens zurückführen.) Die Aussagen beziehen sich allesamt auf Themen, die prinzipiell durch die Organisation, die Teams oder einzelne Träger agiler Rollen gestaltbar sind. Die Interpretation der Ergebnisse und die Ableitung von Konsequenzen finden gemeinsam mit den Befragten im Rahmen eines Workshops statt. Hier ist es für die Moderation hilfreich, die Kernmerkmale agilen Arbeitens sowie die Folgen der jeweiligen Umsetzung vor Augen zu haben.

Zunächst bewerten alle Workshopteilnehmenden die Aussagen danach, ob sie in ihrer konkreten Arbeit zutreffen (von 1 = trifft überhaupt nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu). Trifft das nur auf Teile der Aussage zu, oder können direkte Ursachen benannt werden, warum das so ist, sollen die Teilnehmenden Kommentare dazu eintragen. In einer weiteren Spalte soll der Handlungsbedarf dazu (Was ist zu tun?) benannt werden.

Die Abstimmung kann sowohl in Papierform als auch online, zum Beispiel mit einem Online-Abstimmungstool, erfolgen. Die Ergebnisse der Bewertung werden anschließend zusammengefasst: Pro Gestaltungsfeld wird diejenige Aussage mit der geringsten Zustimmung festgehalten. Diese Aussagen und die dazugehörigen Ergänzungen werden im Workshop diskutiert und liefern eine fundierte Grundlage zur Auswahl und Festlegung von Maßnahmen.

Transparenz und Selbstorganisation
Die Umsetzung der wesentlichen agilen Prinzipien ‒ Sichtbarkeit von Aufgaben sowie Selbstorganisation innerhalb eines Teams ‒ ist wesentlich für ein gesundheitsgerechtes agiles Arbeiten. Auch die Aufgaben- und Rollenteilung zwischen den agilen Rollen ist Kernelement gesunder agiler Arbeit. Die Vermischung agiler Rollen kann von den Betroffenen als überfordernd erlebt werden und trägt Konfliktpotential.

Arbeitspensum und Kapazitäten – Prioritäten und Fokus
Zu einem gesunden agilen Arbeiten gehört auch der Umgang mit Überforderung, Störung und Verzettelung im Tagesgeschäft. Die meisten agilen Arbeitsformen setzen darauf, Aufgabenaufwände zu schätzen, Prioritäten zu definieren und einen geregelten Umgang mit Unterbrechungen und hinzutretenden Aufgaben zu finden.

Mindset und Leitplanken
Die Rahmenbedingungen im Betrieb, innerhalb derer agiles Arbeiten stattfindet, sind für die Gesundheit aller Beteiligten wesentlich. Das fängt im Top-Management und der Interessenvertretung an und setzt sich über die Führungskräfte fort: Fehlt eine gemeinsame Vision, was mit agilem Arbeiten gemeint ist, und welche Voraussetzungen dafür zu schaffen sind, führt das zu widersprüchlichen Erwartungen und unklaren Zielsetzungen. Klar kommunizierte Erwartungen und eindeutige Leitplanken hingegen vermitteln Orientierung.

Die Check-Bausteine agiler Praxis können auch außerhalb des Workshops eingesetzt werden, beispielsweise zur Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung.

Download der Word-Datei zu den Check-Bausteinen agiler Praxis

Tabelle mit dem detaillierten Workshopablauf/Moderationsplan zum Download als Word-Datei.

Präsentationsfolien zum Download als Powerpoint-Datei